Kanonenkugeln - Cannonball
Kanonenkugeln - Cannonball
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Restaurierung von Kanonenkugeln

 

Restaurierungstipps von Drusus

 

Hallo
Allesamt,
 
heute möchte ich Euch ein bisschen erzählen, wie ich meist bei der
Eisenrestauration vorgehe und zwar anhand meiner Lieblingsobjekte Kanonenkugeln


Teil 1 - der Idealfall
 
Beim ersten Beispiel handelt es sich um österreichischen Sechspfünder (2,66 kg)
der 1809 im 5. Koalitionskrieg verschossen wurde. Die Kugel lag ca. 40 cm tief
(von ihrer Unterseite gemessen) in festem lehmigem Boden. Sie war von einer
nicht allzu dicken, dafür aber ungewöhnlich harten Rostschicht umgeben. Ich
entschloss mich zu einer rein mechanischen Reinigung ohne Elektrolyse und
Chemikalien, da ich das Objekt zwar von hässlicher Korrosion befreien, nicht
jedoch gänzlich seines alten Looks berauben wollte. Eine schöne dunkelgraue
"Patina" sollte erhalten bleiben.
 
Zunächst einmal war Entsalzung angesagt. Dazu lagerte ich die Kugel knapp über
drei Monate in ca. 3,5 l, danach noch weitere zwei Monate in ca. 1,7 l
destilliertem Wasser, das ich alle 10 Tage auswechselte. Beim Wechsel
verwendete ich kochendes Wasser, da dies sicherlich noch besser zum Lösen der
im Objekt enthaltenen Salze geeignet ist. Pro Liter Wasser gab ich noch ca. 1/2
Teelöffel Spülmittel hinzu, um das Wasser weicher zu machen, so dass es besser
in und unter den Rost eindringen konnte, sowie 2 g Natriumhydroxid (NaOH), um
den PH-Wert auf zwischen 12 und 13 einzupendeln, was ein Nachrosten des Objekts
im Wasserbad verhinderte. Die Flüssigkeit wurde von mir obendrein alle paar
Tage mal ordentlich umgerührt und die Kanonenkugel gedreht, da der
Auswascheffekt an der Unterseite am größten ist. Damit die Kugel nicht direkt
auf dem Boden des Badbehälters auflag (denn dort sammeln sich die gelösten
Salze), verwendete ich den Deckel eines Wasserkanisters als Podest.

Ein kleiner Tipp noch zu Geldsparen beim Entsalzungsbad: es muss nicht
unbedingt sofort destilliertes Wasser sein. Für die ersten ein bis drei Bäder
kann auch noch Leitungswasser verwendet werden. Die nächst bessere Stufe ist
Regenwasser, dann Wasser aus dem Wäschetrockner und dann natürlich kommerzielles
demineralisiertes Wasser - hier empfehle ich die 20% Aktionen bei Praktiker -
da kriegt man 5 Liter dann schon für ca. 1 Euro. Natürlich kann man auch
mischen. Ich starte meist mit 50:50 Wäschetrockner und Profiwasser und wechsle
dann zur Halbzeit rein zu Profiwasser.

Bei jedem Wasserwechsel machte ich mich bei diesem Objekt dann auch schon an
die mechanische Rostentfernung, wobei ich langsam und geduldig vorging, um dem
Objekt keine hässlichen Scharten zu verpassen. Mit einem 300 g oder einem 100 g
Hammer klopfte ich vorsichtig auf die erhöhten Roststellen, welche dann meist
schon von selbst abbröselten. Schon nach dem ersten Mal offenbarte die Kugel
größere Stellen schön erhaltene Oberfläche, wie man auf dem dritten Bild sehen
kann. Der restliche Rost war jedoch bedeutend beharrlicher und verschwand erst
nach vielen Behandlungen. Nach dem Abhämmern bürstete ich noch mit einer
Drahtbürste über die Korrosionsstellen, was diese dünner machte und wohl auch
lockerte. Anfangs verwendet ich hierzu noch eine grobe, später eine feinere
Drahtbürste. Auf dem vierten Bild könnt Ihr den Zustand nach Beendigung der
mechanischen Säuberung sehen. Um die Kugel zu guter letzt noch zu konservieren,
unterzog ich sie einem Paraffin-Schmelzbad. Dieses machte zwar die Oberfläche
dunkler, dafür wurden aber auch noch vorhandene rostbraune Stellen farblich
angeglichen.

 

 



Teil 2 - Sonderfall 1
 
Dieses Stück möchte ich noch ergänzend zeigen, um die optionale Anwendung von
Tannin zu beschreiben. Es handelt sich hierbei - genau wie bei der
"Ur-Kugel" des Beitrags - um einen österreichischen Sechspfünder.
Dieser stammt jedoch aus dem 2. Koalitionskrieg und ist somit noch 9 Jahre
älter. Außerdem lag er gerade mal 10 cm tief (von der Oberkante gemessen) in
relativ saurem Humusboden. Dadurch hat eine vollkommen andere Art der Korrosion
stattgefunden.
 
Wie man auf dem ersten Bild sehen kann, war die Kugel von einer sehr dicken
Rostschicht umhüllt. Diese war jedoch auch deutliche weicher und
"luftiger" als bei der anderen Kugel. Man konnte sie ohne größere
Mühe nahezu komplett abklopfen - fast wie die Schale eines hart gekochten Eies.
Darunter war die Kugel-Oberfläche erwartungsgemäß stärker angegriffen als die
andere Kugel, welche ja in dieser Hinsicht so ziemlich ein Optimum darstellt.
Darüber hinaus, benahm sich diese Kugel dann im Wasserbad recht ungewöhnlich.
Ca. zwei (von 5) Monate lang verwandelte sie das Entsalzungsbad innerhalb nicht
mal sechs Stunden in eine braune Brühe (Bild 2) und das, obwohl die Kugel
selbst schon dunkelgrau mit nur och wenigen braunen Flecken war. Das rostbraune
Zeugs musste also irgendwie aus dem inneren der Kugel kommen. Seltsam war auch,
dass die Oberfläche der Kugel zu jedem Wasserwechsel von einer dunkelgrauen
schmierigen Schicht umgeben war, die sich jedes Mal neu bildete. Insgesamt
wurde sie mechanisch weit weniger behandelt als die erste Kugel, z.B. zum
Wasserwechsel kaum noch mit Drahtberüsten gereinigt, sondern nur noch mit einem
Küchenschwamm. Daher entschloss ich mich, hier auf Nummer Sicher zu gehen und
diese Kugel vor dem Paraffinbad einer Tannin-Behandlung auszusetzen.
 
Diese erfolgte dann im Form eines Tauchbades. In eine Haribo 700g Plastikbox
gab ich hierzu 80g Tannin, 500ml destilliertes Wasser und 75 ml 70%iges
Ethanol. Das Bad dauerte ca. 1,5 Stunden, wobei ich die Box auf ein
elektrisches Wärmeplatte stellte, damit das Wasser warm blieb. Die zuvor gut
entfettete Kugel wurde im Bad mehrmals gewendet (unter Einsatz von
Einweghandschuhen). Anschließend kam sie eine Woche auf die Heizung und wurde
obendrein, wann immer ich zu Hause war, von einer heißen Schreibtischlampe
direkt bestrahlt, so dass sich die Tannate optimal bilden konnten. Das Ergebnis
seht Ihr auf Bild 5.
 
Die tannierte Kugel kam dann ins bewehrte Paraffin-Bad und das End-Ergebnis
könnt Ihr auf dem letzten Bild (in der Mitte) sehen - zusammen mit zwei
weiteren nicht tannieren Kugeln.

Teil 3 - Sonderfall 2


Es gibt ja Leute, die bei der Eisenreinigung auf Säure, Sandstrahlen oder
Elektrolyse stehen. Daher will ich hier noch eine pseudo-elektrolytisch
gereinigte Kanonenkugel (auch wieder ein Sechspfünder, wahrscheinlich bayrisch) zeigen.
Was ist denn
pseudo-elektrolytisch? Bei dieser Kugel löste sich die eigentlich meist recht
stabile dunkelgraue Magnetidschicht ganz von selbst schon beim Rostklopfen und
-bürsten ab. Drunter war dann so eine schlammig dunkelgraue Schicht, die einem
sofort die Finger schmutzig machte - ganz genau, als hätte man das Ding in die
Lyse gesteckt (aber nicht ganz so wild wie bei Sonderfall 1 zuvor). Nach dem
Trocknen habe ich die Kugel nun noch via Dremel von dieser weichen Schicht
befreit, was jede Menge Staub erzeugte (Balkon und Mundschutz waren hier
Pflicht). Das ist jetzt meine blankeste Kugel. Sieht auch nicht schlecht aus,
war aber - wie gesagt - nicht so gewollt. Das Ergebnis dürfte so ziemlich einem
echten Elektrolyse-Einsatz entsprechen.

Auf dem Bild sieht man die Kugel vor dem Paraffin-Bad. Danach waren die dort noch
sichtbaren braunen Flecke farblich nahezu vollkommen angeglichen. 


dem Drusus hierfür ein großes DANKESCHÖN !

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